Eine Geschichte mit Tiefe

„No Hard Feelings“ von Gene Stupnitsky

von Renate Wagner

No Hard Feelings
USA 2023

Regie: Gene Stupnitsky
Mit: Jennifer Lawrence, Andrew Barth Feldman, Matthew Broderick,
Laura Benant u.a.
 
Der Altersunterschied beträgt 13 Jahre, sie ist 32, er ist 19. sie ist arm, er ist reich, sie hat keine Probleme mit Menschen und Männern, er ist ein Loner, der bloß nicht auffallen will, keine Freunde hat und große soziale Defizite aufweist. Bei der Geschichte von Maddie und Percy geht es nicht nur – komödienhaft – darum, daß Maddie von Percys liebenden, aber hilflosen Eltern (Matthew Broderick:, als nun alter Herr kaum mehr zu erkennen, und Laura Benanti) quasi dazu engagiert wird, ihn zu entjungfern und ins Sexleben einzuführen, das Ganze läuft vielschichtiger, ist über weite Strecken gar nicht lustig und letztendlich weit mehr seine als ihre Geschichte.
 
Aber sie ist Jennifer Lawrence, immer noch für die „Tribute von Panem“ berühmt, wobei deren letzter Teil auch schon acht Jahre vorbei ist und die Karriere, die 2010 mit „Winter’s Bone“ so großartig abhob (damals war sie 20), dann die Erwartungen nicht erfüllte. Auch „No Hard Feelings“ wird kaum in die Liste der großen Erfolge von Jennifer Lawrence eingehen, wenn sie auch versucht, die junge Frau mit Geldsorgen und Schwierigkeiten aller Art einigermaßen differenziert zu spielen. Gegen ein Auto als Entgelt versucht sie routiniert, den jungen Mann zu verführen, was nicht so einfach ist, und entwickelt dann doch selbst Gefühle für ihn – wenn auch nicht besonders tiefe. Es ist eine Rolle, die nicht einmal durchgehend sympathisch ist, und etwas Exzentrik, lange blonde Haare und eine gute Figur sind eigentlich nicht allzu viel. Obwohl Regisseur Gene Stupnitsky offensichtlich alles getan hat, sie im Sinn von „Star-Kino“ in Szene zu setzen.
 
Also gehört der Film dem 21jährigen Andrew Barth Feldman, der seine erste Hauptrolle fulminant nützt. Die Verwirrung, die ihn angesichts der doch recht aggressiven Anmache von Maddie überfüllt, ist der Komödienteil des Films, dann allerdings kann man ihm angesichts der Ereignisse geradezu beim Erwachsenwerden zusehen – vor allem, wenn er schmerzlich erkennen muß, daß Maddies vorgespielte Gefühle nicht echt sind, sondern von den Eltern erkauft wurden, was ihm wiederum hilft, sich von diesen abzunabeln. Die Enttäuschung darüber, gewissermaßen betrogen worden zu sein, gibt der Geschichte Tiefe.
Am Ende chauffiert Maddie ihren jungen Freund nach Princeton, wo er sicherlich brillieren wird, und für beide beginnt ein neues Leben. Was besser ist, als wenn man ein klebriges Happyend aufgedrückt bekommen hätte…
 
 
Renate Wagner